Barry Meade, Co-founder & Director, Fireproof Games


Hallo, liebe Spieler! Ich bin Barry Meade von Fireproof Games, einem Indie-Entwickler aus Guildford im Vereinigten Königreich. Heute möchte ich euch von unserem Weg berichten, der uns von der Entwicklung von Handyspielen bis zur Veröffentlichung eines Virtual-Reality-Spiels gebracht hat.

Los ging es 2012, als wir unser erstes Spiel auf Mobilgeräten veröffentlichten: ein kleines, etwas unheimliches Rätselspiel namens The Room. Damals verwendeten die meisten Mobilgeräte zur Steuerung ein virtuelles Steuerkreuz, was für uns als Konsolenspieler dem Vergleich mit einem echten Controller wie dem DualShock 4 aber nicht standhielt.

Also beschlossen wir, für The Room eine Steuerung über den Touchscreen selbst zu entwickeln. Das Universum von The Room existierte unmittelbar unter der Displayoberfläche und die Spieler konnten die Objekte direkt mit ihren Fingern durch die Spielwelt bewegen.

Wir modellierten die Physik jedes einzelnen Schalters, Hebels, Schlosses und Verschlusses möglichst realistisch, sodass alle Objekte und bizarren Maschinerien, die euch in The Room begegnen, schwer und wuchtig wirken. Das verlieh dem Verschieben und Ineinandergreifen von Metall ein spaßiges Element, während die Spieler ein Rätsel nach dem anderen lösten. Das Feedback verriet uns, dass unsere Spieler das dadurch erreichte taktile Steuerungsgefühl liebten.

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So, jetzt wisst ihr, dass wir ein Spiel entwickelt haben, das berühmt dafür ist, dass man dreidimensionale Objekte mit seinen Händen bewegen muss – wieso ist das so wichtig? Na ja, weil wir seit 2012 fest daran geglaubt haben, dass The Room ein großartiges VR-Spiel abgeben würde.

Aber nur, wenn man es richtig macht – als vollkommen neues Spiel, das speziell für VR entwickelt wird und bei dem wir das taktile Gameplay, für das wir berühmt sind, konsequent auf die neue Technologie und Hardware übertragen. Und jetzt, nach über anderthalb Jahren Entwicklungszeit, demonstriert unser neues Spiel The Room VR: A Dark Matter womöglich, dass eine Idee, die wir 2012 für Mobilgeräte entwickelten, 2020 auf VR-Geräten zu vollem Glanz erstrahlt.

Will ich euch damit einfach nur sagen, wie brillant und vorausschauend Fireproof vor acht Jahren gewesen ist? So verlockend das auch klingen mag: Nein. Tatsächlich will ich das genaue Gegenteil davon sagen. Wir dachten, dass sich The Room perfekt auf VR übertragen lassen würde, aber manchmal ist das, was auf den ersten Blick offensichtlich erscheint, eben auch nur das – ein erster Eindruck. Ich möchte euch vermitteln, wie lächerlich falsch unsere Einschätzung war.

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Hier sind vier von vielen Beispielen dafür, wie uns VR eines Besseren belehrt hat:

1) Wir sollten den Spielern beim Spielen zusehen, um ihre Reaktionen auf das Gameplay in Erfahrung zu bringen.

Nein, das sollten wir nicht. Es ist schwierig, ein VR-Spiel zum ersten Mal zu spielen – vor allem vor Leuten, die man nicht kennt. Wir haben The Room so entwickelt, dass der Spieler es in seinem eigenen Tempo spielen kann, völlig versunken in eine interaktive Welt, die ihm gefallen soll.

Wenn die Leute wissen, dass sie beobachtet werden, spielen sie nicht so, wie sie es normalerweise tun würden, und sie machen mehr Fehler.

Lösung: Lasst die Spieler alleine und stellt ihnen die nervigen Fragen hinterher, wenn sie fertig sind.

2) The Room ist auf Mobilgeräten bereits so auf taktile Interaktionen ausgelegt, dass es sich in VR mit Leichtigkeit großartig anfühlen wird.

Ahahaha. Guter Witz. In den The Room-Handyspielen konnten wir kleine Bereiche mit Details füllen, von denen wir wussten, dass die Kamera sie zeigen würde. In der virtuellen Realität können die Spieler jederzeit überall hinschauen. Und sie sehen sich lieber um, anstatt jede einzelne Oberfläche bis ins Detail zu inspizieren.

Zweitens gibt ein Touchscreen als Schnittstelle ein exaktes Eins-zu-eins-Feedback. Im Gegensatz dazu geht es beim Platzieren einer Hand im virtuellen Raum darum, ein Gefühl für das Tasten und eine einheitliche Steuerung in drei Dimensionen zu produzieren. Vor allen Dingen wollten wir nicht, dass die Hände der Spieler nutzlos herumbaumeln oder dass sich die Objekte, mit denen gespielt wird, federleicht anfühlen.

Lösung: Wir mussten jede Menge Arbeit in die Vermittlung von Masse und Widerständen stecken und die Steuerung so anpassen, dass sich die Handbewegungen der Spieler unmittelbar, körperlich und wirkungsvoll anfühlen.

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3) Stecken bleiben ist schlecht! Nein, halt, stecken bleiben ist gut?

Rätselspiele sind Sonderfälle, weil der menschliche Verstand ein sonderbares Geschöpf ist. Verschiedene Gehirne interpretieren unsere Rätsel unterschiedlich, vor allem in VR. Wenn man also glaubt, dass jemand zu lange braucht, um die Lösung eines Rätsels zu finden, ist man schnell versucht, es ihm einfacher zu machen.

Das kann allerdings total nach hinten losgehen. Es ist nämlich so, dass die Leute Hürden lieben. Es gefällt ihnen, herumzuknobeln und Dinge herauszufinden. Stecken zu bleiben und dann selbst auf die Lösung zu kommen ist genau die Befriedigung, die Spieler in den Rätseln suchen.

Lösung: Kann Nachdenken für ein Gehirn jemals Zeitverschwendung sein? Lasst ein paar schwierige Rätsel schwer, das verleiht dem Ganzen etwas Biss. Richtig umgesetzt sind die härtesten Herausforderungen auch am befriedigendsten.

4) Die Kamera ist das Beste beim Spielen eines VR-Spiels … und das Schwierigste bei der Entwicklung.

Na gut, vielleicht hätten wir uns das denken können. Bei den Handyspielen konnten wir den Spielern die Kontrolle über die Kamera entziehen, um sie auf all die hübschen Dinge zu richten, die sie in der Welt sehen sollten. Man kann die Kamera bewegen, so viel man will, auf dem Handy ist das egal. Im Gegensatz dazu: Wenn man auch nur in Erwägung zieht, dem Spieler in VR die Steuerung der Kamera aus der Hand zu nehmen, schießt man sich selbst ins Knie. Das ist so, weil in VR der Kopf des Spielers die Kamera ist.

Und das Herumwirbeln des Kopfes des Spielers durch den VR-Raum geht gar nicht – vor allem, wenn er nicht besonders darauf steht, sich übergeben zu müssen. Zusammen mit der Tatsache, dass unsere Spieler jede Folge ihrer Handlungen auf dem Bildschirm sehen müssen, war das für uns Grund genug, unser Vorgehen bei der Visualisierung von Rätseln und den erzählenden Sequenzen dazwischen radikal zu ändern.

Lösung: Lassen wir Dinge funkeln! Anders gesagt: Wir haben jede Menge Arbeit investiert, um das Auge des Spielers zu leiten und dafür zu sorgen, dass er in eine bestimmte Richtung schauen möchte, damit er jederzeit weiß, was vor sich geht.

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Dies sind nur ein paar der vielen, vielen weniger offensichtlichen Dinge, die uns die Arbeit an einem VR-Spiel gelehrt hat. Zu dem Zeitpunkt, als wir unsere Fehler gemacht haben, dachten wir, wir stünden allein mit unseren Problemen, aber jetzt wissen wir, dass es genau die gleichen sind, mit denen viele Entwickler zu kämpfen haben.

Ob ihr es glaubt oder nicht, das beruhigt uns – das bedeutet nämlich, dass wir nicht total falsch gelegen haben, nicht zu viel von der Software erwartet haben. Wir hatten einfach nur eine naive Vorstellung davon, wie schwer und jeder Intuition trotzend manche Aspekte sein würden.

Und jetzt, wo das Spiel fertig ist, können wir nur hoffen, dass sich unsere Bemühungen, The Room VR: A Dark Matter hervorragend spielbar zu machen, ausgezahlt haben, und dass all unsere Spieler auf dem Bildschirm sehen können, was wir bei den Entwicklungsarbeiten gelernt haben. Wenn ihr euch das Spiel holen solltet, lasst uns wissen, ob ihr dem zustimmt, ja?

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Source: playstation playstation.com