Bear McCreary, Komponist
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Den offiziellen Soundtrack zu God of War von Bear McCreary gibt es jetzt bei Spotify und iTunes.
Die Motive in der Musik zu einem Spiel oder Film sind ein unglaublich effektiver Weg, emotionale Reaktionen von den Zuschauern oder Spielern zu bekommen. Ich war mir sicher, dass God of War von genau so einer Musik wirklich profitieren könnte.
Ich habe die ersten Monate der Produktion in einer Art freiem, kreativen Zustand verbracht und Motive geschrieben. Ganz ohne mich an irgendwelche Bilder halten zu müssen oder sie an die Spielsteuerung anzupassen. Das Ergebnis waren ein paar Motive, die zu der Grundlage der gesamten Musik wurden. Vier davon finden sich zu Beginn des Soundtrack-Albums.
1. Das Kratos-Motiv
Mein erster Versuch war eher melancholisch, aber den habe ich schnell verworfen und stattdessen ein lebendigeres Motiv für Kratos komponiert, in dem sich seine widerstreitenden Charakterzüge finden: Stärke und Härte, Weisheit und Verletzlichkeit.
Bombastische, kräftige Instrumente werden mit wunderschönen Melodien und Harmonien kombiniert, um ein einprägsames und kultiges Motiv zu erschaffen, das sich während des Spiels immer an Kratos emotionale Reise anpasst.
Kratos Stärke und Härte werden musikalisch durch kräftigen Bass, lautes Schlagzeug und tiefe Stimmen betont. Er ist immerhin Kratos, der Charakter aus den ersten Spielen, der all seine Wut und Macht wiederfindet und sie in sich aufkochen lässt.
Aber er ist auch (über sich hinaus) gewachsen und als älterer Mann weiser und verletzlicher. Für diese Seite seines Charakters habe ich harmonisches und melodische Anteile hinzugefügt, die schön und schwebend klingen. So zeigen sich die Schichten von Kratos Persönlichkeit im neuen Spiel.
Kratos Motiv hat mehrere Schichten, aber es ist nicht komplex. Es besteht sogar in gewisser Weise im Kern nur aus drei Noten. Die ersten drei der Melodie (eine kleine aufsteigende Molltonleiter wie C, D und Eb) bilden die Grundlage der Vertonung und funktionieren sowohl als Einführung in die Melodie als auch ein immer wieder wiederholtes Muster, das sich durch das ganze Spiel zieht und eine Grundlage des Soundtracks wird.
Ich habe diese drei Noten so konsequent verwendet, dass ich eine Art kurzes Signal geschaffen habe, dass das Publikum hoffentlich instinktiv versteht und mit den Momenten verbindet, in denen es erklingt. Die einfache Figur verändert sich immer wieder gemäß der Schritte im Spiel – von ernst und ominös bis hin zu fast an Sehnsucht zerschellen und dann wieder zu sentimental und brüchig – durch sehr tiefe Blechregister, feine Harfensoli und alles dazwischen.
Im Album zum Soundtrack findet man Kratos Motiv fast auf jedem Track in irgendeiner Form wieder. Am deutlichsten ist es aber sicher im Titeltrack: “God of War”.
2. Erinnerungen an Mutter
Die früheren God of War-Spiele begannen immer mit einer Actionszene. In diesem neuen Spiel beginnen wir mit einem intimen und emotionalen Moment bzw. einer so geladenen ersten Stunde, in der Kratos den Körper seiner gerade verstorbenen Frau verbrennt und mit seinem Sohn aufbricht, um ihre Asche gemäß ihres Wunsches vom höchsten Punkt des Reichs zu verstreuen.
Sie selbst taucht nie in der Geschichte auf, aber ihr hört ihre Gegenwart immer im Soundtrack.
Als ich angefangen habe, ihr Motiv zu komponieren, habe ich mich instinktiv wieder mit meinen ersten Prototypen beschäftigt und meinen verworfenen Entwurf zu Kratos’ Motiv rausgekramt. Der melancholische Walzer war über die Zeit nicht weniger einflussreich geworden – er klang immer noch bittersüß und tragisch. Ich verstand jetzt, dass es das Motiv der Mutter sein würde!
Der Einfluss von Artreus’ Mutter hängt über der Beziehung zwischen Kratos und Atreus. Mit einem einprägsamen Motiv konnte ich ihren Einfluss auf die Geschichte fortführen. Ich ließ mich von der Idee inspirieren, dass sie eine Stimme bekommen würde und lasse ihr Motiv immer wieder von einem weiblichen Chor singen – und für besonders eindrucksvolle Stellen von der Stimme der Färinger Sängerin Eivør Pálsdóttir.
Eivør hat meiner Musik eine persönliche Tiefe und Menschlichkeit verliehen und sie wurde in gewisser Weise selbst zu Atreus’ Mutter – ein ätherischer Engel, der unsere Protagonisten antreibt.
Ich war begeistert von der Dynamik und emotionalen Spannbreite, die ihre Stimme bot: Von hohen, engelsgleichen Tönen bis zu tiefen, kehligen Lauten und erschütternden Ausbrüchen. Ich habe ihre Musik durch eine Empfehlung von Sonys Musikproduzenten Pete Scaturro und Keith Leary kennengelernt. Zum Glück war sie großzügig genug, ein Teil dessen zu werden, was diese Musik so besonders macht.
Als Cory Barlog mir zum ersten Mal die epische Geschichte erzählt hat, war “Memories of Mother” die erste Melodie, an die ich dabei denken musste. Es war, im Kern, mein erster Eindruck von God of War. Obwohl die Melodie nicht zum Kernmotiv geworden ist, ist sie vielleicht doch der wichtiste Teil der Geschichte.
Im Soundtrack findet ihr das Motiv an unterschiedlichen Stellen wieder: In “A Giant’s Prayer”, “The Healing”, “Salvation” und insbesondere in “Ashes” “The Ninth Realm” und “The Summit”
3. Die Hexe der Wälder
Auf ihrem Weg begegnen Kratos und Atreus einer mysteriösen Frau, die sie nur als die Hexe der Wälder kennenlernen, ein Charakter, der in der Geschichte eine wichtige Rolle spielen wird. Die Hexe ist eine faszinierende Person und ich wollte ihr Motiv mit Elementen von Geheimnis und Gefahr anreichern.
Das Hauptinstrument ihrer Melodie ist ein Instrument aus der Renaissance- und Barock-Zeit, das Viola da gamba oder Kniegeige genannt wird – ein Vorgänger des modernen Cellos.
Die Hexe lebt tief im Wald und ihr Äußeres ist von der Natur inspiriert. Ich zeige diese Verbindung zum Wald durch eine Verbindung ihrer Melodie mit Farben aus der Natur. Ein Paar von keltischen Harfen verschmelzen, um ein schnelles Netz von Appregien wie Regentropfen von einem Spinnennetz perlen zu lassen.
Die Textur wird von frei spielenden Holztrommeln, Klangstäben, Hölzern und anderen hölzernen Schlaginstrumenten untermalt. Diese Geräusche prasseln wie sanfter Wind und sind mit der Natur verbunden.
Das Thema der Hexe ist ausdrucksstark und exotisch und lässt Spieler überlegen, ob vielleicht noch mehr in ihr steckt, als man sehen kann. Auf dem Album hört ihr Varianten ihres Motivs in “The Healing” und “Salvation”.
4. Schlaflied der Riesen
Dieses Motiv ist einzigartig, weil es keinen spezifischen Charakter, sondern eine Rasse oder auch einen Bereich repräsentiert. Zu Beginn unserer Geschichte sind die Riesen schon lange verschollen, aber Cory und ich wollten, dass die Leute die Erinnerung an sie in der Luft erahnen.
Ich habe dieses schöne Schlaflied für sie geschrieben und mir vorgestellt, es wäre ein Volkslied, das die Riesen in ihrer Zeit sangen und das immer noch durch die Ruinen hallt. Die Melodie wird von einem männlichen Chor gesunden, tief und begleitet von gelegentlichen Klängen von zeremoniellen Glocken und Schalen.
Das Riesenmotiv spielt eine wichtige Rolle in “The Stone Mason”, einem Bereich des Spiels, das rund um den Körper eines gefallenen Riesen stattfindet. Für die intensiven Kampfvarianten des Motivs habe ich die zeremoniellen Glocken hochskaliert, um einen riesigen Hall zu erzeugen, der den Track beginnt und abschließt.
Die explosiven Geräusche werden in Schichten aus Glocken und Glockenspielen, alpinen Hornen und Schofaren aufgebaut, die digital manipuliert wurden, um noch tiefer und massiver zu klingen. Der Ton hallt und wirkt mittelalterlich einschüchternd.
Das Motiv der Riesen taucht selten, aber an bedeutsamen Stellen im Spiel auf und im Album hört ihr es in “Lullaby of the Giants” “A Giant’s Prayer” “Stone Mason” und “The Ninth Realm”.
5. Das Stranger-Motiv
Die Geschichte springt voll an, als Kratos von einem mysteriösen Fremden besucht wird, der sich nur genauso zu erkennen gibt: Der Fremde. Dieser Charakter entwickelt sich zum Hauptgegner im Spiel und seine Szenen sind mit dem Motiv untermalt.
Der Fremde ist eine Bedrohung, weil er schnell ist und keinen Schmerz empfindet. Seine drahtige Figur hat mich inspiriert, das Motiv schnell und flink zu gestalten mit schnellen Harmonien und melodischen Höhen.
Die harmonischen Strukturen springen zwischen entfernt verwandten Mollakkorden (Ebm, Cm, Gm und Bm) bei den Sprüngen auf zwei Füßen vor und zurück – und die Melodie dreht sich um und wiederholt ähnliche Figuren, um die Spannung zu halten. Die harmonische Sprache erhöht unterbewusst das Seltsame und spannende.
Diese Qualitäten, inspiriert vom Körper des Charakters, geben dem Motiv des Fremden so eine Energie.
Die Instrumente des Fremden entwickeln sich mit seiner Bedeutung für die Geschichte.
Am Anfang wird sein Thema von einer kratzigen Hardanderfiedel gespielt – vor dem Hintergrund tuckernder Nackelharpa und hämmernder Hackbretter. Während das Spiel fortschreitet und die Bedrohlichkeit größer wird, wächst auch sein Motiv zu immer größeren, orchestralen Phrasen, die schließlich in einer lauten Fanfare explodieren.
Auf dem Album hört ihr die bedeutensten Momente in einem einzelnen Track, “Deliverance”, der seine gesamte Entwicklung überspannt. Achtet auch auf sein mächtiges Statement in “Salvation”.
Weitere Charaktermotive
Andere bedeutende Motive sind immer wieder in den Soundtrack verwoben, auch wenn sie seltener auftauchen.
Obwohl Kratos zu Beginn nur mit Atreus reist, gewinnt er bald einen weiteren Begleiter auf seiner Reise, Mimir. Der bringt nicht nur wichtige Ausführungen der Geschichte und mythologischen Kontext mit, sondern heitert das Spiel auch durch seine schräge Persönlichkeit auf.
Ich wollte, dass sein Motiv etwas komödiantisch klingt, eine Stimmung, die ich umsetze, indem ich mir die Melodie von wandernden Minnesängern der Rennaissance vorgetragen vorstelle. Eine Rahmenrtrommel und ein Hackbrett bilden den unbeschwerten Hintergrund für die Hauptmelodie, die spielerisch auf der Kniegeige umgesetzt wird.
Die Renaissance-Instrumente werden von tiefen Holzblaschorälen getragen, die sich parallel bewegen. Irgendetwas an der Kombination von Kontrafagotten, Kontrabassklarinetten und einer Kniegeige ist automatisch charmant. Und wer könnte schon widerstehen, ein Motiv für einen klugscheißenden abgedrennten Kopf zu schreiben?
Magni und Modi sind die Söhne von Thor, denen Kratos und Atreu begegnen. Diese zwei Brüder werden von Nolan North und Troy Baker gespielt – ich vermute, das spielt auch auf ihre Verbrüderung in Uncharted 4 an. (Nette Zusatzinfo: Nolan North war Teil von jedem einzelnen Single-Player-Spiel, zu dem ich je den Soundtrack geschrieben habe. Er war auch schon in Dark Void und SOCOM 4. Schräg!)
Ich hab ein einziges Motiv für diese zwei Charaktere geschrieben, aufgebaut auf einem energischen 9/4-Takt. Der Takt bricht um 4/4 auf 5/4 und bringt die aggressiven Schläger so auf lustige Art aus dem Gleichgewicht.
Zusätzlich zu der rhythmischen Asymmetrie wird das Motiv von Magni und Modi auch noch dadurch unterstützt, harmonisch schizophren zu sein und meist in E-Moll zu leben, aber plötzlich in eine unerwartete G#-Melodie abzudriften, die dann zu E-Dur wechseln.
Ich habe für die Valküren ein Motiv geschrieben, das elegant, luftig und aufregend ist. Es ist von nordischen Volksballaden inspiriert, die Chorstimmen werden von gehauchten Tönen eines weiblichen Chors gegen den Hintergrund enorm wiederhallender Stimmgruppen umgesetzt.
Die Melodie verändert sich in muskulären Varianten und baut sich zu einer riesigen, lauten Orchesterfanfare auf.
Es gibt ein finales, bedeutsames Charakter-Motiv, das wir nur einmal hören – im letzten Track des Soundtracks “Epilogue”, in dem es mit einer Fanfare eines vollen Chors und einer riesigen Bläsergruppe einspringt.
Wer ans Ende des Spiels kommt, wird die thematische Bedeutung verstehen – mehr kann ich jetzt nicht verraten.
Um mehr über meine Reise zu erfahren, könnt ihr hier auch den vollständigen Blogeintrag auf meiner Seite nachlesen.
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Source: playstation playstation.com