Dass die Entwickler der Indie-Spieleschmiede Sloclap perfekt inszenierte Kampfkunst präsentieren können, das haben die Franzosen bereits 2017 mit dem empfehlenswerten Prügler Absolver bewiesen. Der Nachfolger legt in Bezug auf Optik, geschmeidige Animationen, innovative Spielmechaniken sowie Schwierigkeitsgrad noch einmal ordentlich zu. Ihr werdet vom Martial Arts-Meisterwerk Sifu garantiert begeistert sein, wenn ihr eine beinharte Herausforderung sucht und die Geduld aufbringt, ein Level immer und immer wieder anzugehen, bis ihr die Schläge, Tritte oder Blocks in Vollendung beherrscht.
Ein schreckliches Verbrechen
Ach, so schwer ist das ja gar nicht. Das war zumindest unser erster Eindruck während des spielbaren Prologs, in dem wir mit einem mysteriösen Fremden ein Dojo heimsuchen und mit wenigen Schlägen die anwesenden Schüler auf die Matte schickten. Ein paar gebrochene Knochen und einen tödlichen Kampf gegen den alten Meister der Schule später, stellt sich heraus: Wir haben die stimmungsvolle Einführung mit dem Oberbösewicht von Sifu hinter uns gebracht.
Das Spiel bestreitet ihr nun mit dem einzigen Überlebenden des Massakers, wahlweise einem Mädchen oder Jungen, das sich versteckt hat und mit Entsetzen den Tod der Familie ansehen musste. Auch der oder die Protagonist*in überlebt die Begegnung mit dem Fiesling und seinen abscheulichen Henkersgehilfen nicht, wird aber dank eines magischen Anhängers wiederbelebt. Die nächsten Jahre vergehen mit täglichem hartem Training, bis ihr das 20. Lebensjahr erreicht und euch auf die Suche nach den Übeltätern macht, um blutige Rache für das Verbrechen zu üben.
Eine Hommage an klassische Kung Fu-Filme
Zugegeben, die Story nach dem klischeehaft anmutenden Motto „Mein Kung Fu ist aber besser als deins!““ oder „ Du hast meine Familie getötet, jetzt töte ich dich!“ ist mehr Mittel zum Zweck. Man muss halt einen Grund haben, im Verlauf des Rachefeldzugs hunderten von Feinden spektakulär die Knochen zu brechen. Aber was der Geschichte vielleicht an Innovation fehlt, das macht die traumhafte Wasserfarben-Optik, die stylischen Umgebungen, die butterweichen und authentischen Animationen der Figuren sowie die spannende Alterungsmechanik mehr als wett.
Als Vorbild für die knallharten Kämpfe gegen anstürmende Gruppen an Gegnern sowie den extrem anspruchsvollen Boss-Begegnungen, dienen dabei nicht nur klassische Kung Fu-Filme, sondern auch moderne „Einer gegen alle“ Martial Arts-Blockbuster, wie The Raid, Ong-Bak oder die beeindruckende „Prügel dich mit brutaler Gewalt durch einen engen Flur voller Feinde“-Szene aus dem Film Oldboy. Schaut euch dazu unbedingt den Live Action-Trailer zu Sifu an, dann wisst ihr sofort, was wir meinen.
Lernen oder sterben
Fünf Level, fünf Bosse: Das klingt machbar, aber schon die ersten Begegnungen werden euch eines Besseren belehren. Das geschmeidige Kampfsystem aus flüssigen Tritten, Schlägen, Ausweichmanövern und Blocks erlaubt mächtige Kombos gegen zeitlich angreifende Kämpfer, wenn ihr das notwendige Timing einmal perfekt beherrscht. Und das ist bei rund 150 unterschiedlichen, von der chinesischem Kampfkunst Pak Mei inspirierten, Moves eine Aufgabe, die viel Übung und eine Menge Geduld erfordert.
Ihr solltet euch nicht nur auf eure stahlharten Fäuste und wuchtige Tritte verlassen, sondern auch die Umgebung nicht aus den Augen verlieren. Ein verheerenden Hieb mit einem Stuhlbein, Stahlrohr, Kampfstab oder Schwert hält euch die ebenfalls bestens in Martial Arts-Künsten geschulten Widersacher garantiert eine Weile vom Leib. Auch euer Fokus hilft euch bei den von Anfang an herausfordernden Kämpfen weiter: Ist die entsprechende Leiste gefüllt, verlangsamt ihr auf Knopfdruck die Zeit und wählt mit dem Analogstick den Trefferpunkt eures nächsten Schlages am Körper eines Gegners.
Zu alt zum kämpfen
Neben den tollen Locations und den grandios animierten Figuren, ist die Alterungsmechanik von Sifu ein absolutes Highlight. Denn, wenn ihr besiegt werdet – und das werdet immer und immer wieder – kommt der magische Anhänger ins Spiel. Dank dessen Zauberkraft werdet ihr sofort wiederbelebt und macht an der gleichen Stelle weiter. Allerdings altert eure Spielfigur dabei sichtlich. Zuerst nur ein Jahr beim ersten Gebrauch, dann sind es schon zwei Jahre, dann drei Jahre etc. bei einer Auferstehung.
Mit zunehmendem Alter schlagt ihr kräftiger zu, verliert aber auch an Lebenspunkten. Ihr müsst euch also besonders in Acht nehmen und möglichst weitere Tode tunlichst vermeiden. Das ist leichter gesagt als getan, denn nur wenige Momente Unachtsamkeit, gerade bei den besonders schwierigen Bossen, und schon muss die Magie wieder ihr Werk verrichten. Das geht aber auch nur bis zu einer gewissen Grenze, dann seid ihr schlicht zu alt und klapprig um eure Rache auszukosten und es heißt: Game Over. Übrigens könnt auch auf eine Auferstehung verzichten und den Spieltod wählen, wenn ihr lieber ein Level ohne Alterung neu beginnen möchtet.
Das einzigartige Prinzip führt zu einem Hauch von Roguelike, denn ist das gesamte Spiel vorbei für euch, dann spielt ihr ein bereits erfolgreich absolviertes Level erneut. Und zwar mit dem Alter, mit dem ihr das Level abgeschlossen habt. Einen Bonus gibt es beim Töten des Bosses, der euren Todeszähler um eine Stelle zurücksetzt. Überlegt euch also, ob ihr vielleicht sogar mehrere Level erneut meistern wollt, um als möglichst junger Mann oder Frau weiter zu machen. Ein Tipp dazu: Haltet unbedingt Ausschau nach Schlüsseln, mit denen ihr bei nochmaligem Spielen direkt zum Endgegner gelangt und euch so die Massenkeilereien erspart.
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Source: playstation playstation.com